VW hält an Plänen für Fabrikschließungen in Deutschland fest
Trotz der heftigen Proteste der Beschäftigten hält Volkswagen an seinen Plänen für Fabrikschließungen und Kündigungen in Deutschland fest. "Wir müssen unsere Kapazitäten verringern und an die neuen Realitäten anpassen", sagte der Chef der Marke VW, Thomas Schäfer, der "Welt am Sonntag". Auf die Frage, ob VW auf eine Werkschließung verzichten könne, sagte Schäfer: "Wir sehen das aktuell nicht."
Erst am Donnerstag hatten tausende VW-Beschäftigte in Wolfsburg gegen Massenentlassungen und Werksschließungen demonstriert. Der Gesamtbetriebsrat und die IG Metall legten zur dritten Runde der Tarifverhandlungen ein sogenanntes Zukunftskonzept vor, in dem sie einen Gehaltsverzicht von Belegschaft und Vorstand vorschlagen und im Gegenzug Garantien für Beschäftigung und Standorte fordern.
Schäfer sagte der "Welt am Sonntag", der Großteil des "notwendigen" Stellenabbaus werde "über die demografische Kurve möglich sein". Das reiche aber nicht aus, weil es "schlicht zu lange dauern" würde. Die "Restrukturierung" von VW solle in einem "Zeitraum von drei, vier Jahren" umgesetzt sein.
Werke, die geschlossen werden sollen, nannte Schäfer nicht. Er betonte aber: "Wenn von Werken die Rede ist, gehören auch die Komponentenstandorte dazu, nicht nur die Fahrzeugwerke."
Der Chef der Marke VW sagte der Zeitung, das Unternehmen habe "alles darangesetzt, andere Ideen zu finden". Sehr viele davon wie Produktverbesserung, niedrigere Logistik- und Materialkosten, seien bereits Teil des laufenden Sparprogramms. Am Einsparziel fehlten aber noch vier Milliarden Euro, "damit das Unternehmen genug Geld erwirtschaften kann, um weiter aus eigener Kraft zu investieren".
Nur bei den Arbeitskosten "ist bisher leider noch nichts Wesentliches passiert", klagte Schäfer. Die Wettbewerber hätten einen Arbeitskostenanteil von rund zehn Prozent an den Umsatzerlösen, bei VW sei es "deutlich mehr".
Der Forderung der Gewerkschaft IG Metall nach Gehaltskürzungen im Management stimmte Schäfer zu. "Wenn es eine Vereinbarung in den Tarifverhandlungen gibt, dann gehört es für mich dazu, dass Vorstand und Management einen Beitrag leisten", sagte er. Seit Januar sei das Fixgehalt des Vorstands um fünf Prozent reduziert, das Management verzichte außerdem auf einen Inflationsausgleich von 1000 Euro und 3,5 Prozent Gehaltserhöhung.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte der "Süddeutschen Zeitung", er sehe auch die Aktionäre in der Pflicht: "Die Dividende hat für das Land Niedersachsen nicht die oberste Priorität." Das Land Niedersachsen habe vor allem ein hohes Interesse, dass es VW gut gehe. Niedersachsen besitzt einen Anteil von 20 Prozent an VW. Mehr als die Hälfte der Aktien sind im Besitz der Familien Porsche und Piëch. Auch Katar hat Anteile.
Weil sagte, er führe gerade als Aufsichtsratsmitglied viele Gespräche. "Volkswagen ist aktuell meine größte Baustelle." Auch sein Ziel lautet: "Werksschließungen sollten vermieden werden."
Für die gesamte Industrie forderte Weil ein Unterstützungspaket noch vor der Neuwahl des Bundestags. "Wir brauchen wieder einen Bundeszuschuss zu den Netzentgelten und die Liste der steuerbegünstigten energieintensiven Unternehmen muss deutlich erweitert werden", sagte er der "Süddeutschen". Sonst seien wichtige Branchen und Chancen bei den energieintensiven Zukunftsindustrien gefährdet. "Das gilt für die Halbleiter genauso wie für die Batteriezellen und vieles andere mehr."
H.Gallo--IM