Mehr als eine Tonne Gemüse: Deutsches Weltraumgewächshaus erfolgreich getestet
Mehr als eine Tonne Gemüse und Salat, positive Auswirkungen auf die Psyche und wertvolle Erfahrungen im Hinblick auf einen zeitsparenden Betrieb: Nach einem fünfjährigen Test in der Antarktis hat sich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zufrieden mit seinem für lang andauernde Weltraummissionen entwickelten Gewächshaussystem "Eden ISS" gezeigt. Es gebe nun "einen umfangreichen Erfahrungsschatz zum effizienten ertragreichen Betrieb in Isolation", erklärte das DLR am Mittwoch in Köln.
"Eden ISS" ist für den Nahrungsmittelanbau auf bemannten Langzeitmissionen auf Mond und Mars konzipiert. In dem computergesteuerten Gewächshausmodul können Gemüse, Salat und Kräuter völlig unabhängig von der Außenwelt unter künstlichem Licht ohne Erde angebaut werden. Versorgt werden sie dabei über eine Nährstofflösung in einem geschlossenen System. Seit 2018 wurde es an der deutschen Forschungsstation Neumayer III in der Antarktis eingehend getestet.
Nach dem Ende der Langzeiterprobung unter Extrembedingungen, an der sich die europäische Weltraumbehörde ESA und die US-Weltraumbehörde Nasa beteiligten, wurde das Gewächshaus inzwischen an das DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen zurückgebracht, wo es entwickelt worden war. Dort soll das System laut DLR nun instand gesetzt und ausgebaut werden, um es in einer weiteren Testphase am DLR-Standort in Köln in der Trainingseinrichtung Luna einzusetzen. Dort werden Astronautinnen und Astronauten künftig für Mondmissionen üben.
Während der Testphase in der Antarktis war das Gewächshaus in Containern an der Forschungsstation Neumayer III untergebracht und versorgte die im langen Polarwinter vollkommen von der Außenwelt abgeschnittene Crew mit frischen Nahrungsmitteln. Besonders erfolgreich anbauen ließen sich nach Angaben des DLR dabei Gurken, Tomaten, Kohlrabi, Radieschen sowie Salatköpfe und Kräuter.
Der Anbau von Paprika stellte dagegen "eine besondere Herausforderung" dar, wie das Forschungszentrum am Mittwoch mitteilte. "Zufriedenstellende Ernten" seien erst nach einigen Modifikationen und einer Sortenänderung gelungen.
Im gesamten Zeitraum produzierte "Eden ISS" demnach einen Ertrag von 1014 Kilogramm. Über die konkrete Ernte hinaus diente die wissenschaftlich genau begleitete Mission aber insbesondere der Sammlung umfangreicher Daten über den technisch komplexen Betrieb des Gewächshausmoduls sowie zu Fragen der Sicherheit und des nötigen Ressourceneinsatzes. Geforscht wurde auch zu psychologischen Auswirkungen auf die isolierte Besatzung der Polarstation.
Diese seien ausnahmslos positiv gewesen, wie die am Bremer DLR-Institut für Raumfahrtsysteme tätige Forscherin Jess Bunchek berichtete, die selbst für eine Anbausaison in der Antarktis arbeitete: "Für die Zukunft heißt das: Crews auf abgelegenen Missionen sollten die Möglichkeit haben, ihre eigenen Pflanzen anzubauen, um ihre psychische und körperliche Gesundheit zu stärken."
"Das Gewächshaus 'Eden ISS' hat über die vergangenen Jahre in der Antarktis demonstriert, wie der zukünftige Pflanzenanbau auf Mond und Mars ohne Erde unter künstlichem Licht aussehen und funktionieren kann", erklärte die im DLR-Vorstand für den Bereich zuständige Anke Pagels-Kerp.
Laut DLR gibt es bereits Ideen dafür. So soll "Eden ISS" mit einem Roboterarm ausgerüstet werden, der die für die Bedienung zuständigen Astronauten entlastet. Zusätzliche Kameras und ein mit Künstlicher Intelligenz gesteuertes Gewächshausmanagementsystem sollen den Betrieb optimieren.
Schon durch die Erfahrungen während der Testphase in der Antarktis gelang es laut DLR, den für den Gemüseanbau in dem Modul erforderlichen Zeitaufwand um 40 Prozent zu senken. Dies ist auf Weltraummissionen einen wichtiger Faktor, weil Astronautinnen und Astronauten zahlreiche Aufgaben haben werden.
Weltweit treiben zahlreiche Staaten ehrgeizige Weltraumpläne voran, die nach einer jahrzehntelangen Pause unter anderem wieder bemannte Flüge zum Mond und perspektivisch auch bemannte Marsmissionen vorsehen. Die US-Weltraumbehörde Nasa kooperiert dabei eng mit ihrem europäischen Gegenstück ESA. Gemeinsam wollen sie eine um den Mond kreisende Raumstation bauen.
A.Uggeri--IM