Scholz bekräftigt seine Ablehnung eines subventionierten Industriestrompreises
Mit sehr deutlichen Worten hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) seine Ablehnung eines subventionierten Industriestrompreises bekräftigt. Eine solche "Dauersubvention mit der Gießkanne" wäre "ökonomisch falsch, fiskalisch unsolide und würde sicherlich auch falsche Anreize setzen", sagte Scholz am Mittwochabend. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) äußerte sich enttäuscht. Auch die Grünen und Teile der SPD sind für einen Industriestrompreis.
Scholz sagte beim Unternehmertag NRW in Düsseldorf, eine Dauersubvention von Strompreisen "können wir uns nicht leisten und wird es deshalb auch nicht geben". Schon vor einigen Tagen im ZDF-"Sommerinterview" hatte er betont, wichtiger sei, die Strompreise dauerhaft runterzukriegen. Daher kümmere sich die Bundesregierung um den beschleunigten Ausbau erneuerbarer Energien sowie der Stromnetze.
Scholz rief in Düsseldorf dazu auf, Übertragungsnetze und Speicher "mit neuem Deutschland-Tempo" zu bauen. Vor Monaten habe er "ausbuchstabiert", was der Ausbau der Erneuerbaren bedeute: "vier bis fünf Windräder und 43 Fußballfelder Photovoltaikanlagen ‑ wohlgemerkt pro Tag", dazu Speicher und tausende Kilometer neue Leitungen. "Heute sehen wir: Es geht."
Mit diesen und weiteren Verbesserungen werde Deutschland die Strompreise "Schritt für Schritt drücken können", zeigte sich der Kanzler überzeugt. Er wisse, dass gerade die energieintensiven Branchen darauf warteten.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Anfang Mai vorgeschlagen, den Strompreis für energieintensive Industriezweige, die im internationalen Wettbewerb stehen, übergangsweise mit staatlichen Mitteln bei sechs Cent pro Kilowattstunde zu deckeln. So soll die Abwanderung wichtiger Unternehmen verhindert werden, bis genug Strom mit Erneuerbaren produziert wird, um den Preis ohne Subventionen niedrig zu halten.
SPD-Chefin Saskia Esken hat sich für einen "Brücken-Strompreis" ausgesprochen, ebenso SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch. Er sagte den Sendern RTL und ntv am Donnerstag, die deutsche Industrie sei im internationalen Wettbewerb in "schwerem Fahrwasser". Er glaube, Scholz noch für einen Industriestrompreis gewinnen zu können: "Davon werden wir ihn, denke ich, überzeugen können." Die SPD-Bundestagsfraktion sei in wenigen Wochen in Klausur und werde dazu auch Beschlüsse fassen, kündigte er an.
Ministerpräsident Wüst forderte die SPD in der "Rheinischen Post" auf, schnell eine klare Position zu beziehen - die Ablehnung des Kanzlers nannte er eine "herbe Enttäuschung für unsere Wirtschaft". Der damalige Kanzlerkandidat Scholz habe der Industrie 2021 einen Industriestrompreis von vier Cent versprochen. Der Kanzler Scholz habe diese Zusage nun "auf bemerkenswerte Art und Weise wieder zurückgenommen". Die energieintensive Wirtschaft brauche eine strukturelle und zielgerichtete Entlastung, die Wettbewerbsfähigkeit und damit Arbeitsplätze sichere, sagte Wüst der Zeitung.
Die Wirtschaft in Deutschland ist dazu gespalten: Vertreter energieintensiver Branchen wie die Chemieindustrie oder der Mittelstand sind für den Industriestrompreis. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) forderte dagegen kürzlich, der Bund solle besser vorübergehend komplett auf Stromsteuern verzichten, um den Preis zu senken.
Die FDP lehnt einen Industriestrompreis wie Scholz ab. Auch zahlreiche Wirtschaftswissenschaftler haben sich dagegen ausgesprochen.
V.Barbieri--IM