Beratergremium legt Vorschläge für schnellere Vergabeverfahren bei Bundeswehr vor
Der wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium hat eine Reform zur Beschleunigung des Beschaffungswesens der Bundeswehr vorgeschlagen. Das unabhängige Beratergremium sprach sich in einem am Dienstag veröffentlichten Gutachten dafür aus, die Vergabeverfahren zu vereinfachen. So solle unter anderem die Praxis, militärische Beschaffungsverträge über mehr als 25 Millionen Euro durch den Haushaltsausschuss des Bundestags genehmigen zu lassen, abgeschafft werden. Abgeordnete der Ampel-Parteien lehnten diesen Vorstoß ab. Der Bundeswehrverband befürwortete die Reformvorschläge des Beratergremiums.
"Der Bundestag sollte seinen Einfluss darauf beschränken, dem Verteidigungsministerium jährlich seinen Haushalt zuzuweisen", erklärte Beiratsmitglied Christoph Engel vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn. Die sogenannte Parlamentsschleife führe zu Verzögerungen, zudem widerspreche die Praxis der Gewaltenteilung, lade zu Nachverhandlungen ein und schwäche die Verhandlungsposition der Bundeswehr. Das Parlament habe sich eine Kompetenz geholt, die ihm nicht zustehe, sagte Engel.
Verteidigungs- und Haushaltspolitiker der Ampel-Fraktionen übten Kritik an dem Vorstoß. Die "Parlamentsschleife" sei wichtig für die parlamentarische Kontrolle, sagte der SPD-Abgeordnete Andreas Schwarz dem Nachrichtenportal t-online. Der Grünen-Haushälter Sebastian Schäfer erklärte, durch "gutes parlamentarisches Controlling" würden Risiken gemindert und Kosten gespart.
Der FDP-Verteidigungsexperte Alexander Müller schlug mit Blick auf den Parlamentsvorbehalt vor, die Schwelle auf ein Auftragsvolumen von 100 Millionen Euro anzuheben. "Aber wir als Parlamentarier wollen weiter die Kontrolle über große Rüstungsaufträge haben", betonte auch er.
Das Vergaberecht der Bundeswehr gilt seit langem als bürokratisch, schwerfällig und reformbedürftig. Zur Beschleunigung der Auftragsvergabe trat Anfang Juli das sogenannte Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz in Kraft. Es soll auch die Nutzung der Mittel aus dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen zur Stärkung der Bundeswehr erleichtern, das als Reaktion auf den russischen Angriff auf die Ukraine eingeführt worden war.
Das neue Gesetz enthalte "einige sinnvolle Erleichterungen", gehe aber nicht weit genug, erklärte der wissenschaftliche Beirat. Die Hoffnung auf eine "rasante Beschleunigung" der Vergabeverfahren habe sich bisher nicht erfüllt, sagte Engel.
Der Beirat schlägt in seinem Gutachten vor, den Instanzenweg für unterlegene Anbieter zu verkürzen, die eine Nachprüfung verlangen können. Die Entscheidung über die Verfahren könne der Vergabekammer beim Bundeskartellamt überlassen werden, erklärte der Beirat. Das Oberlandesgericht als zweite Instanz sei nicht zwingend erforderlich.
Zudem plädieren die Wissenschaftler dafür, die zeitaufwendige Aufteilung von Aufträgen in einzelne Lose weiter zu lockern. Anstatt die Aufträge vorab aufzuteilen, könne es einem im Bieterverfahren erfolgreichen Einzelanbieter überlassen werden, Unteraufträge an kleine und mittlere Unternehmen zu vergeben.
Verbesserungsbedarf sieht der Beirat auch beim Bundeswehr-Beschaffungsamt. Die Koblenzer Behörde müsse die betriebswirtschaftliche Prüfung von Rüstungsvorhaben noch konsequenter umsetzen. "Auch der Generalinspekteur kann mal Dinge wollen, die nicht sinnvoll oder nicht finanzierbar sind", sagte Engel. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) müsse dafür sorgen, den Beamten den Rücken zu stärken.
Zudem forderte der Beirat mehr Offenheit für militärische Innovationen und einen Ausbau der militärischen Forschung. Vorbild in diesem Bereich könne die US-Militärforschungsagentur Darpa sein.
Auf ein positives Echo stießen die Reformvorschläge des Beratergremiums beim Bundeswehrverband. "Der Wissenschaftliche Beirat hat klare Empfehlungen an Regierung und Parlament gemacht", sagte der Vize-Vorsitzende des Verbandes, Thomas Schwappacher, dem Portal t-online. Entscheidend sei aber, "dass nicht nur Pläne und Strategien aufgeschrieben werden, sondern dass diese auch schneller umgesetzt werden".
J.Romagnoli--IM