Jugendämter nahmen 40 Prozent mehr Kinder und Jugendliche in Obhut
Die Jugendämter haben im vergangenen Jahr 40 Prozent mehr Kinder und Jugendliche zu deren Schutz vorübergehend in Obhut genommen. Insgesamt stieg die Zahl auf 66.400, wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte. Damit verstärkte sich eine bereits 2021 eingesetzte Entwicklung - damals hatte die Zahl der Inobhutnahmen um fünf Prozent leicht zugenommen.
Hauptgrund für den Anstieg in beiden Jahren waren laut Statistikamt mehr unbegleitet eingereiste Minderjährige aus dem Ausland. Während die Inobhutnahmen aus diesem Grund 2021 lediglich um 49 Prozent zugenommen hatten, stiegen sie 2022 um 17.300 Fälle oder 153 Prozent.
Angaben zu den Herkunftsländern der unbegleitet eingereisten Minderjährigen finden sich in der Statistik nicht. Aus dem aktuellen "Bericht der Bundesregierung über die Situation unbegleiteter ausländischer Minderjähriger in Deutschland" geht den Statistikern zufolge allerdings hervor, dass die meisten 2021 und 2022 aus Afghanistan und Syrien kamen. Die Ukraine spielte demnach 2022 als Herkunftsland "offenbar eine eher untergeordnete Rolle".
Zum aktuellen Anstieg trugen aber auch andere Entwicklungen bei. Nach einem Rückgang in den Coronajahren 2020 und 2021 nahmen im vergangenen Jahr erstmals wieder die Inobhutnahmen wegen dringender Kindeswohlgefährdung zu - und zwar um 1300 Fälle oder fünf Prozent. Außerdem wandten sich vier Prozent mehr Kinder und Jugendliche selbst mit der Bitte um eine Inobhutnahme an das Jugendamt.
Insgesamt nahmen die Ämter in den meisten Fällen - nämlich rund 29.800 - Minderjährige wegen dringender Kindeswohlgefährdungen in Obhut. 28.600 wurden nach unbegleiteten Einreisen in Obhut genommen, 8000 hatten selbst um den Schutz gebeten.
Mit 48 Prozent konnte fast jede zweite Inobhutnahme nach spätestens zwei Wochen beendet werden, jede dritte nach einer Woche. Gut jede zehnte Schutzmaßnahme dauerte den Angaben zufolge mit drei Monaten oder mehr vergleichsweise lang.
Nach Beendigung der Maßnahme kehrten 37 Prozent der Kinder und Jugendlichen an ihren bisherigen Lebensmittelpunkt zurück - zu den Sorgeberechtigten, in die Pflegefamilie oder das Heim. 36 Prozent bekamen ein neues Zuhause in einer Pflegefamilie, einem Heim oder einer betreuten Wohnform.
V.Barbieri--IM