EU-Umweltminister billigen verschärfte Naturschutz-Auflagen
Die EU-Länder haben den Weg für strengere Naturschutz-Auflagen frei gemacht. Die Umweltminister billigten am Dienstag in Luxemburg mehrheitlich eine geplante Verordnung zur "Renaturierung" stark beanspruchter Flächen und Meeresgebiete, wie der schwedische Ratsvorsitz mitteilte. Deutsche Landwirte fürchten durch die Pläne massive Umsatzeinbußen. Sie hoffen, dass die Konservativen im Europaparlament die Vorgaben noch lockern können.
Die EU-Kommission hatte den Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Natur vor einem Jahr vorgelegt. Danach sollen bis 2030 EU-weit 20 Prozent der Flächen und Meeresgebiete renaturiert werde. Geplant ist auch eine Wiederbewässerung von Fluss-Auen oder Mooren, um die Folgen von Dürreperioden zu mindern.
Die EU-Umweltminister einigten sich auf einen Kompromiss, der auf dem Papier zunächst schärfer aussieht, aber zahlreiche Ausnahmen vorsieht. Danach sollen die Mitgliedsländer bis 2030 Wiederherstellungsmaßnahmen für mindestens 30 Prozent der Ökosysteme durchführen.
Die Umweltschutzorganisation WWF begrüßte die Einigung der EU-Staaten als "wegweisend". Ohne das Gesetz könne die EU ihre Klimaziele nicht erreichen, und Deutschland würde seine Verpflichtungen aus dem Weltnaturabkommen von Montreal verfehlen, erklärte Naturschutzreferent Tobias Arbinger.
Allerdings kritisierte der WWF die Ausnahmen, die die Umweltminister vereinbarten. So soll das Renaturierungsziel etwa nicht für Meeresgebiete mit "weichem Sediment" gelten, um Fischer nicht zu beeinträchtigen.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sprach in Luxemburg dennoch von einem "guten Gesetz". Sie nannte die Natur eine "Überlebensversicherung" gegen die Klimakrise und Hitzewellen und verwies auf "tausende Hitzetote in Europa" in den vergangenen Jahren. Gerade die Land- und Forstwirtschaft sei auf eine intakte Natur angewiesen, sagte die Grünen-Politikerin.
Der Deutsche Bauernverband warnt dagegen vor Risiken für die Ernährungssicherheit. Vor allem stoßen sich die Landwirte daran, dass sie viele ertragreiche Flächen künftig ohne Pestizide bewirtschaften sollen.
Schützenhilfe bekommen die Bauern von der Europäischen Volkspartei unter ihrem deutschen Vorsitzenden Manfred Weber (CSU). Die EVP hatte zuletzt versucht, die Vorlage mit Hilfe der Liberalen im Umweltausschuss des Europaparlaments zu stoppen. Die Abstimmung wurde dann allerdings auf den 27. Juni verschoben.
EU-Klimakommissar Frans Timmermans warnte vor parteipolitischem Streit knapp ein Jahr vor der Europawahl: Wenn der Klimaschutz "in Kulturkriege hineingezogen wird, dann droht uns eine Lähmung", sagte der Niederländer. Denn die EU-Länder müssen sich nun noch mit dem Parlament auf einen gemeinsamen Gesetzestext einigen. Die Deutsche Umwelthilfe appellierte an das Parlament, die Vorgaben nicht weiter zu verwässern.
Europaabgeordnete von der CDU kündigten dagegen fortgesetzten Widerstand an: "Diese Umweltpolitik mit der Brechstange darf und wird auf Dauer keinen Erfolg haben", betonte der umweltpolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Peter Liese.
Für Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist die Sache heikel: Die Naturschutzpläne sind zentraler Teil ihres Klimaschutzpakets "Green Deal", mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden soll. Die CDU-Politikerin von der Leyen gilt zugleich als aussichtsreichste Spitzenkandidatin der EVP für die Europawahl. Im Falle eines Wahlsiegs könnte sie eine zweite Amtszeit an der Kommissionsspitze beanspruchen.
D.Lombardi--IM