Arzneimittel-Importeure warnen vor weiteren Lieferengpässen
Die Arzneimittel-Importeure warnen vor einer weiteren Verschärfung der Lieferengpässe bei Medikamenten. Ab Mai müssten die Hersteller den Krankenkassen für bestimmte Medikamente einen zusätzlichen Rabatt von 20 Prozent einräumen, sagte der Vorstand des Verbands der Arzneimittel-Importeure Deutschlands (VAD), Jörg Geller, den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Samstag. "Viele Unternehmen werden ihre Produkte dann nicht mehr in Deutschland anbieten", warnte Geller.
"Es geht dabei nicht um Fiebersäfte, die eher bei trivialeren Erkrankungen eingesetzt werden, sondern vor allem Medikamente für neuere Krebstherapien", fügte Geller, der auch Präsident des europäischen Dachverbands ist, hinzu.
Derzeit gibt es in Deutschland bereits Lieferengpässe bei rund 480 Medikamenten. Zumeist handelt es sich dabei um Generika, also Medikamente deren Patentschutz ausgelaufen ist und die von mehreren Herstellern produziert werden.
"Ab Mai müssen Hersteller, die neue Produkte auf den Markt bringen oder im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Nutzenbewertung (AMNOG) auf den Markt gebracht haben, die in Kombination mit anderen Medikamenten eingesetzt werden, einen zusätzlichen Rabatt von 20 Prozent gegenüber den Krankenkassen einräumen", berichtete Geller. "Damit erhöht sich der Rabatt für manche Medikamente von zwölf Prozent auf 32 Prozent." Konkret könnten davon etwa Medikamente gegen Krens, Hepatitis C oder HIV betroffen sein.
Geller ist überzeugt, dass manche Hersteller vor dem hohen Rabatt zurückschrecken werden und ihre Produkte dann nicht mehr in Deutschland anbieten werden. Das Rabattproblem werde auch die Importeure treffen. "Uns werden im Ausland die Einkaufsmöglichkeiten fehlen, um einen Rabatt in der Größenordnung von 32 Prozent in Deutschland weiterzugeben", sagte der Verbandschef.
Geller bewertet die Situation als bedenklich: "Der Wunsch des Gesetzgebers, Kosten zu sparen ist größer, als die Menschen mit hochinnovativen Produkten zu versorgen."
Die Erhöhung der Rabatte für neue Medikamente erfolgt im Zuge des Gesetzes zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenkassenversicherung. Mit diesem Beschluss der Ampelkoalition sollen Milliarden in die Kassen der gesetzlichen Krankenkassen gespült werden, die zuletzt ein Defizit von 17 Milliarden Euro eingefahren hatten.
Schon heute ist die gesetzliche Rabattpolitik zur Dämpfung der Gesundheitskosten aus Sicht der Arzneimittel-Importeure eine Hauptursache für Lieferengpässe in Deutschland. "Einige Hersteller bringen knapp werdende Medikamente eher in Märkte, in denen sie höhere Erträge erlösen", sagte Geller. Der Verband empfiehlt der Bundesregierung daher, das Rabattvertragssystem grundlegend zu überdenken.
S.Rovigatti--IM