Haushaltsausschuss-Chef Braun: Scholz muss im Etatstreit durchgreifen
Im Haushaltsstreit der Ampel-Koalition zeigt sich wenig Bewegung - der Vorsitzende des Haushaltsausschusses fordert nun ein Eingreifen von Kanzler Olaf Scholz (SPD). "Das, was wir beim Bundeshaushalt gerade erleben, ist Führungsversagen des Bundeskanzlers", sagte Ausschusschef Helge Braun (CDU) der "Bild am Sonntag". Derweil beharrt Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) auf ihren finanziellen Vorstellungen für die Kindergrundsicherung. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) fordert eine Diskussion über stärkere Belastungen für Reiche.
Die Koalition streitet seit Wochen über den Bundeshaushalt 2024; der für Mitte März geplante Beschluss der zentralen Eckwerte wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Mehrere Ministerinnen und Minister, darunter Paus, fordern deutlich höhere Budgets für ihre Ressorts. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat aber einen sehr engen Spielraum, weil er die Schuldenbremse einhalten will und Steuererhöhungen ablehnt.
Braun sagte der "Bild am Sonntag", als ehemaliger Finanzminister wisse Scholz "ganz genau: Der Bund hat kein Einnahmeproblem. Das Steueraufkommen ist nach wie vor sehr hoch." Das Problem seien stattdessen unrealistische und ausufernde Ausgabewünsche der Kabinettsmitglieder. Da dürfe der Regierungschef nicht endlos zuschauen, sondern müsse die Prioritäten klar definieren, forderte Braun.
Bundesfamilienministerin Paus bekräftigte ihre Forderungen in Zusammenhang mit der Kindergrundsicherung. "Zwölf Milliarden Euro sind eher am unteren Ende dessen, was man benötigen würde, um Kinderarmut in Deutschland deutlich zu verringern", sagte sie der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Samstag. Die Kindergrundsicherung sei "ein Paradigmenwechsel, nicht nur technisch, sondern möglichst auch mit einer deutlich spürbaren Erhöhung der Leistungen für Kinder in ärmeren Familien".
Paus schlug vor, zur teilweisen Finanzierung des Projekts die Kinderfreibeträge in der Einkommensteuer abzusenken. "Es ist absurd, dass wohlhabende Familien über die Kinderfreibeträge deutlich stärker entlastet werden als ärmere Familien, die nur das Kindergeld erhalten", sagte sie der Zeitung.
Bundestagspräsidentin Bas sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, wenn keine neuen Schulden gemacht werden sollten, "bleibt die Frage: Wie gehen wir mit Vermögenden um, kann man nicht auch eine andere Steuerpolitik machen?" Eine Vermögensabgabe für besonders reiche Menschen könne ein Weg sein, um "ohne neue Schulden für zukünftige Generationen die Menschen heute entlasten zu können, um unser Bildungssystem zu stärken oder in unsere Infrastruktur zu investieren", sagte Bas.
SPD-Chef Lars Klingbeil forderte das Kabinett zur Einigung auf. "Als Parteivorsitzender bin ich an den Haushaltsverhandlungen der Regierung nicht beteiligt. Als Parteivorsitzender erwarte ich aber, dass die Ziele des Koalitionsvertrages mithilfe einer seriösen Haushaltspolitik umgesetzt werden", sagte er der "Welt am Sonntag" laut Vorabmeldung vom Samstag.
Wichtig sei ihm, "dass die Ziele des Koalitionsvertrages, Deutschland zu modernisieren, eingehalten werden, um den Reformstau der letzten Jahre aufzulösen", sagte der SPD-Chef. "Falls die Regierung keine gute Lösung hinbekommt, hätte ich durchaus noch ein paar Vorschläge zur Haushaltspolitik", fügte Klingbeil hinzu. "Die mache ich dann gerne auch öffentlich."
S.Rovigatti--IM