

Bundesregierung verteidigt Baerbocks Benennung für hohen UN-Posten gegen Kritik
Die Nominierung der scheidenden Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) durch die Bundesregierung für einen Spitzenposten bei der UNO hat in Deutschland Kritik hervorgerufen. Moniert wurde vor allem, dass Baerbock nun die angesehene deutsche Top-Diplomatin Helga Schmid, die ursprünglich für den Posten der Präsidentin der UN-Generalversammlung vorgesehen war, verdrängt: Der frühere Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, nannte dies eine "Unverschämtheit". Die Bundesregierung verteidigte die Entscheidung - und betonte, sie sei mit der "künftigen Bundesregierung" abgestimmt.
Ministerin Baerbock sei "hoch qualifiziert für den Job und hoch anerkannt", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Mittwoch in Berlin. Ihre Nominierung sei am Mittwoch vom Kabinett bestätigt worden. "Die Bundesregierung hat sich auch im Einvernehmen mit der künftigen potenziellen Bundesregierung verständigt, Frau Baerbock zu nominieren", fügte Hebestreit mit Blick auf die mutmaßlich von der Union geführte neue Koalition hinzu.
Heusgen hatte es zuvor als "Unverschämtheit" kritisiert, "die beste und international erfahrenste deutsche Diplomatin durch ein Auslaufmodell zu ersetzen". Es handele sich um eine "Aktion Abendrot" für die scheidende Ministerin, sagte Heusgen dem "Tagesspiegel".
Auch der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) ließ Kritik an der Personalie Baerbock erkennen. Gabriel sagte dem "Tagesspiegel", die ursprünglich für den UN-Posten nominierte Helga Schmid sei "eine großartige Diplomatin". Er fügte hinzu: "Frau Baerbock kann viel von ihr lernen."
Eigentlich hatte die Bundesregierung im September die Diplomatin Helga Schmid als deutsche Kandidatin für den Vorsitz der UN-Generalversammlung vorgeschlagen. Die frühere Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist auch Stellvertreterin des Präsidenten des Stiftungsrats der Münchener Sicherheitskonferenz.
Am Dienstag wurde dann bekannt, dass die Bundesregierung statt Schmid Ministerin Baerbock als deutsche Kandidatin für den Vorsitz der UN-Generalversammlung 2025/26 benennt. Regierungssprecher Hebestreit sagte am Mittwoch, Baerbocks Nominierung sage "nichts über etwaige andere Bewerberinnen aus, die genauso anerkannt und auch qualifiziert sind".
Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte, das "Feedback" von anderen Außenministerinnen und Außenministern auf Baerbocks Nominierung sei "durchweg positiv". Er fügte hinzu: "Was uns erreicht hat, war sozusagen eine Vorfreude darauf, mit der Außenministerin zukünftig auch in anderer Form zusammenarbeiten zu können im UN-Kontext - und das hat uns doch alle sehr ermutigt."
Heusgen verwies bei seiner Kritik an Baerbocks Nominierung auf die zahlreichen Verdienste von Helga Schmid. Die erfahrene Diplomatin sei Büroleiterin von Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) gewesen sowie Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Zudem habe sie das Atomabkommen mit dem Iran verhandelt, betonte Heusgen.
Als Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) habe Schmid zudem diese "vor dem Auseinanderfallen geschützt", sagte Heusgen. Mit Blick auf Baerbocks eigene politische Maxime fragte der frühere Spitzendiplomat: "Ist das feministische Außenpolitik?"
Regierungssprecher Hebestreit wollte auf Nachfrage nicht direkt auf die Kritikpunkte eingehen. Er wolle "nicht über Stilfragen diskutieren, insbesondere nicht im Fall Heusgen", sagte Hebestreit.
Der Sprecher des Auswärtigen Amts verwies darauf, dass der Posten des Präsidenten der UN-Generalversammlung häufig mit ehemaligen Regierungschefs oder Außenministern besetzt werde. "Insofern reiht sich die Besetzung mit der deutschen Außenministerin da ein", sagte er. Mit dieser Kandidatur "auf hoher politischer Ebene" bekräftige Deutschland sein "politisches Bekenntnis zu den Vereinten Nationen".
Auf die Frage, ob die Initiative für Baerbocks Nominierung von Baerbock selbst ausgegangen sei, entgegnete der Außenamtssprecher lediglich, es handle sich um eine Entscheidung der gesamten Bundesregierung als "Kollegialorgan".
Das Amt der Präsidentin der UN-Generalversammlung steht aufgrund der internen UN-Absprachen für die Sitzungsperiode 2025/26 der westeuropäischen Staatengruppe zu. In dieser hatte Deutschland schon vor einiger Zeit das Besetzungsrecht erhalten. Der Vorsitz der Generalversammlung in New York, in der alle 193 UN-Mitgliedstaaten vertreten sind, wird Anfang Juni gewählt. Der Außenamtssprecher sagte in Berlin, er rechne fest mit Baerbocks Wahl.
Die nächste Amtszeit läuft ab September für ein Jahr. Wird Baerbock in das Amt gewählt, will die 44-Jährige dem Vernehmen nach mit Amtsantritt ihr Bundestagsmandat niederlegen.
R.Marconi--IM