Pragmatismus bei Trump und Verlässlichkeit in EU: Merz skizziert Außenpolitik
Verlässlichkeit gegenüber den Partnern, ein Neustart der Beziehungen zu Polen und Frankreich und Pragmatismus im Verhältnis zu US-Präsident Donald Trump: Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) hat am Donnerstag in einer Grundsatzrede seine Leitlinien in der Außen- und Sicherheitspolitik für den Fall einer Regierungsübernahme skizziert. Er kündigte dabei an, einen Nationalen Sicherheitsrat im Bundeskanzleramt einzurichten, der "Dreh- und Angelpunkt" für die Entscheidungsfindung sein solle.
Die europäische Sicherheitsarchitektur, wie sie seit dem Fall des Eisernen Vorhangs bestanden habe, "existiert nicht mehr", betonte Merz. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine sei "mehr als eine Zeitenwende", nämlich "ein wirklicher Epochenbruch". Darauf müsse Deutschland mit einem "Politikwechsel" reagieren.
Mit China, Russland, dem Iran, Nordkorea und anderen habe sich "eine Achse der Autokratien" herausgebildet, die "in allen Regionen der Welt destabilisierenden Einfluss" nehme und sich gegenseitig in vielfältiger Weise unterstütze. "Wir werden keiner dieser Herausforderungen mit dem derzeitigen Instrumentenkasten unserer Außen- und Sicherheitspolitik erfolgreich begegnen."
Zum Politikwechsel in der Außenpolitik gehöre auch "eine grundsätzliche Reform der Entwicklungszusammenarbeit", sagte Merz. Sie müsse unter Bedingungen gestellt werden. So dürften keine Gelder an Länder fließen, die ihre ausreisepflichtigen Staatsbürger nicht zurücknähmen oder "ein zwielichtiges Verhältnis" zum Terrorismus unterhielten.
In Europa wolle er Deutschland wieder zu einem verlässlichen Partner machen. Auf EU-Ebene müsse dabei Deutschlands "europapolitische Sprachlosigkeit" beendet werden. Die Zeiten, in denen europäische Partner aus unterschiedlichen deutschen Ministerien unterschiedliche Antworten bekommen hätten, müssten "der Vergangenheit angehören".
"Am dringlichsten" in Europa sei die "Reparatur" der Beziehungen Deutschlands zu Polen und Frankreich, sagte Merz. Mit Warschau will Merz "einen deutsch-polnischen Freundschaftsvertrag unterzeichnen", der die beiderseitigen Beziehungen auf ein neues Niveau hebe.
Bei Frankreich müsse es der Vergangenheit angehören, dass beide Länder im Rat der Mitgliedsstaaten "grundlegend unterschiedliche Positionen vertreten". Er wolle mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron "die Vision eines souveränen Europas" verwirklichen.
Er sehe die Rückkehr von US-Präsident Trump dabei auch "als Chance für eine Selbststärkung Europas", sagte Merz. Er wolle dabei in der Handelspolitik "eine Zollspirale vermeiden, die sowohl Europäer als auch Amerikaner ärmer machen würde" und für "eine Positivagenda" für noch engere wirtschaftliche Beziehungen mit den USA werben. Er gebe dabei die Hoffnung nicht auf, doch noch zu einem transatlantischen Freihandelsabkommen zu kommen.
Beide Seiten müssten dabei aber auch ehrlich miteinander sein und auf "gegenseitige Belehrungen" verzichten, sagte der CDU-Chef. "Historische Nostalgie bringt uns in der Gegenwart keinen Schritt weiter." Er wolle die Partnerschaft mit den USA "pragmatisch weiterentwickeln" mit einem besonderen Blick auf Deutschlands eigene Interessen.
Bei Trumps Drohung, den USA das zu Dänemark gehörende Grönland notfalls auch mit militärischer Gewalt einzuverleiben, riet Merz zum Abwarten. "Bis zum Beweis des Gegenteils gehe ich davon aus, dass sich Amerika auch an die Regeln halten wird", sagte er. "Und wenn nicht, dann werden wir mit ihm darüber ernsthaft reden müssen."
Eine unionsgeführte Bundesregierung werde auch die Beziehungen zu Israel festigen. Er werde das "faktische Exportembargo" der aktuellen Bundesregierung bei Rüstungsgütern "umgehend beenden", sagte Merz. "Künftig wird gelten: Was Israel zur Ausübung seines Selbstverteidigungsrechts benötigt, wird Israel auch bekommen."
Merz bezeichnete es später auch als "unvorstellbar", dass der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wegen des infolge des Gaza-Kriegs erlassenen Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs bei einem Besuch in Deutschland festgenommen werde. Er werde "alles tun", um "eine entsprechende Vollstreckung dieses Spruchs des Internationalen Strafgerichtshofs abzuwenden".
C.Abatescianni--IM