Tausende protestieren in Polen gegen strenge Abtreibungsgesetze
In der polnischen Hauptstadt Warschau haben mehrere tausend Menschen am Mittwoch gegen das fast vollständige Abtreibungsverbot des Landes protestiert, das sie für den Tod einer schwangeren 33-Jährigen verantwortlich machen. Frauenrechtsorganisationen organisierten Kundgebungen in mehr als 50 polnischen Städten und Dörfern, bei denen die Demonstranten etwa "Schande" riefen und Fotos der verstorbenen Dorota Lalik trugen.
Lalik war am 24. Mai in einem Krankenhaus im südpolnischen Nowy Targ gestorben - drei Tage, nachdem sie ihr Fruchtwasser verloren hatte. Nach Angaben ihrer Familie starb die 33-Jährige an einer Sepsis, die durch den Tod ihres 20 Wochen alten Fötus in ihrem Bauch ausgelöst worden war.
Das bestehende Gesetz erlaubt eine Abtreibung im Falle einer Gefahr für das Leben der Schwangeren. Doch Kritiker sagen, die Regeln seien so streng, dass Ärzte Angst hätten, einen Abbruch vorzunehmen.
Laliks Familie wirft dem Krankenhaus vor, weder rechtzeitig die notwendige Untersuchung eingeleitet zu haben - noch sie darüber informiert zu haben, dass Lalik in Lebensgefahr schwebte. "Niemand hat erwähnt, dass man eine Fehlgeburt hätte herbeiführen und Dorota retten können, da die Überlebenschancen des Babys gering waren", sagte Laliks Ehemann Marcin der Tageszeitung "Gazeta Wyborcza".
Die Staatsanwaltschaft eröffnete eine Untersuchung zu Laliks Tod. Auch in zwei ähnlichen Todesfällen von schwangeren Frauen im Krankenhaus wird ermittelt.
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hatte auf Fragen nach den Auswirkungen des restriktiven Abtreibungsgesetzes davor gewarnt, den Fall von Dorota Lalik zu "politisieren". Die am Mittwoch in Warschau demonstrierende Abgeordnete Katarzyna Kotula von der linksliberalen Partei Wiosna sagte: "Alles ist politisch, wenn man eine Frau in Polen ist".
"Aufgrund von politischen Entscheidungen sterben Frauen in polnischen Krankenhäusern - und andere haben einfach Angst, schwanger zu werden", fuhr sie fort.
R.Marconi--IM